Die Verwandlung

Als Pionierunternehmen hat ZURZACH Care medizinische Trends früh erkannt und sich so von einer lokalen Rehaklinik zur überregionalen Care-Organisation mit einem umfassenden Leistungsangebot entwickelt.

CEO Stephan Güntensperger staunt nicht schlecht, als er am 12. Dezember 2004 die Rechnung der Hotelbar in den Händen hält. Er selbst ist am Vorabend, erschöpft von einer anstrengenden Strategie-Klausur, beizeiten zu Bett gegangen. Seine Kolleginnen und Kollegen aus Geschäftsleitung und Verwaltungsrat haben sich aber offenbar noch bis tief in die Nacht an der Hotelbar unterhalten. Gut so, denkt sich Güntensperger, denn er weiss: Sie hatten allen Grund zum Feiern, nach so einem Tag!

Schliesslich hat die Unternehmensspitze von ZURZACH Care an dieser Klausur im Seehotel Kastanienbaum am Vierwaldstättersee drei wegweisende strategische Entscheidungen gefällt. Entscheidungen, die das Unternehmen über Jahre prägen werden. Drei strategische Ziele wurden formuliert: 

  1. eine weitere Expansion, vor allem in den Nachbarkanton Zürich
  2. eine Ergänzung des stationären Angebots um ambulante Zentren an mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossenen Lagen
  3. eine Integration des Rehabilitationsangebots von ZURZACH Care in ausgesuchte Akutkliniken

«Die Klausur in Kastanienbaum hat ZURZACH Care in ein neues Zeitalter katapultiert», sagt Güntensperger rückblickend.

Unverhoffte Fusion

Die ersten dreissig Jahre von ZURZACH Care sind geprägt vom stetigen Ausbau des Leistungsangebots und der Infrastruktur in Zurzach. Um die Jahrtausendwende ist Zurzach weit mehr als ein Bade- und Kurort: Es ist ein Rehabilitationszentrum, das über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt ist. Die rund 180 Betten der Klinik sind durchgehend gut belegt.

Das neue Millenium beginnt für ZURZACH Care dank 2765 stationären und 3567 ambulanten Patientinnen und Patienten mit einem Rekordjahr – und einem Hilferuf von der defizitären Rehabilitationsklinik Freihof Baden. Diese ist mit ihren 70 Betten eher klein und kann seit Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes 1996 den Ansprüchen an Qualität, Sicherheit und vor allem Wirtschaftlichkeit nicht mehr gerecht werden. Deshalb sucht sie 2001 eine starke Partnerin. Ein Zusammenschluss mit ZURZACH Care würde eine der grössten Rehabilitationsorganisationen der Schweiz schaffen – mit entsprechenden Synergieeffekten in Einkauf, Administration und Marketing.

Trotz der finanziellen Misere, in der sich die Badener Klinik befindet, erkennt auch ZURZACH Care in Anbetracht wachsender Konkurrenz und neuer medizinischer Trends die Vorteile einer solchen Fusion. CEO Stephan Güntensperger weiss, dass Partnerschaften und Konsolidierungen nötig sind, um sich grössere Marktanteile zu sichern. Zudem bedeutet die Fusion einen ersten Schritt aus der Peripherie in Richtung grösserer Ballungszentren, denn obschon die Abgeschiedenheit und Ruhe in Zurzach bei vielen Krankheitsbildern zu einer erfolgreichen Rehabilitation beitragen können, erkennt ZURZACH Care frühzeitig auch den Trend hin zur wohnortnahen Versorgung.

Die Partnerschaft mit der Rehabilitationsklinik Freihof Baden hat Signalcharakter. Schon kurze Zeit später wird der Glarner Gesundheitsdirektor in Zurzach vorstellig, weil die vom Kanton betriebene Höhenklinik Braunwald seit Jahren rote Zahlen schreibt. Auch diese wird von ZURZACH Care übernommen, womit erstmals der Schritt über die Aargauer Kantonsgrenze gelingt – mit einem grossen, fehlenden Puzzlestück: Zürich. Genau deshalb wird die Expansionsstrategie von ZURZACH Care mit Fokus auf Zürich und weitere Nachbarkantone in der Strategie-Klausur 2004 abermals bekräftigt.

Ambulant und integriert

Wie als zweites Ziel definiert, plant ZURZACH Care, ihr stationäres Angebot um ambulante Zentren zu ergänzen. Dort will sie Patientinnen und Patienten vor oder nach einem stationären Aufenthalt betreuen. Den Anfang macht das Ambulatorium in Lenzburg im Jahr 2006, in den darauffolgenden drei Jahren kommen Zentren in Basel, Zug, Winterthur und Wil hinzu. Alle sind in Bahnhofsnähe gelegen, damit sie mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar sind.

2006 erfüllt die Zurzacher Rehaklinik-Gruppe auch das dritte in Kastanienbaum definierte Unternehmensziel – mit einem mutigen Schritt in die integrierte Versorgung. Am Kantonsspital Baden richtet ZURZACH Care eine Abteilung für Akutnahe Neurorehabilitation direkt im Akutspital ein, im Kantonsspital Glarus eine Abteilung für muskuloskelettale Rehabilitation. Und im Herbst 2011 bezieht die Zurzacher Rehaklinik-Gruppe im Spital Zollikerberg in einem Neubau ein ganzes Stockwerk mit umfassender therapeutischer Infrastruktur inklusive Therapiebad.

Auch wenn die Pionierjahre der integrierten Rehabilitation steinig sind – noch fehlt die Unterstützung der Politik und der Krankenversicherer –, so erweist sie sich doch als zukunftsweisend für ZURZACH Care (und mittlerweile auch für einige Nachahmer). So investieren die Zurzacher weiter in Integrationsprojekte. Es folgen Rehabilitationsabteilungen im Seespital Kilchberg, im Spital Limmattal, im Basler Claraspital und im Luzerner Kurhotel Sonnmatt. Im Stadtspital Zürich Waid ist eine geriatrische Rehabilitationsabteilung geplant.

Egal ob in Baden, Glarus oder Zürich – von der integrierten Rehabilitation profitieren vor allem die Patientinnen und Patienten. Die unmittelbare Nähe von Akut- und Rehabereich garantiert einen reibungslosen Übergang von akuten und therapeutischen Massnahmen.

Vertikal vernetzt

In all den Jahren, in denen ZURZACH Care ihre Unternehmensziele verfolgt, die sie einst in Kastanienbaum definiert hat, geschieht noch etwas: die Rehaspezialistin weitet ihren Wirkungskreis aus und verlässt die Sphäre der klassischen Rehabilitation. Ein besonders innovatives Beispiel: reha@home. Das im Jahr 2018 gestartete Joint Venture mit der Knecht Holding als Logistikpartnerin zeigt, wie wohnortnah die wohnortnahe Rehabiliation sein kann. Die Idee: Patientinnen und Patienten sollen nach einem Akuteingriff im Spital so schnell wie möglich in die eigenen vier Wände zurückkehren und dort mit allen nötigen pflegerischen und therapeutischen Massnahmen versorgt werden. «Der Alltag eines Patienten zeigt, wie gut das Konzept funktioniert.»

Gleichzeitig entwickelt sich ZURZACH Care immer mehr zu einer Care-Organisation, welche die Patientinnen und Patienten ganzheitlich betreut, vom Körper bis zum Geist. Um ein umfassendes Leistungsangebot aus einer Hand anzubieten zu können, spannt ZURZACH Care mit vor- und nachgelagerten Institutionen zusammen. 2013 schliesst sich die renommierte Klinik für Schlafmedizin mit Standorten in Bad Zurzach, Luzern und Zürich der Gruppe an, 2021 eröffnet ZURZACH Care das interdisziplinäre Zentrum für Schmerz, Schlaf und Psyche in Zürich. Diese Angebote sollen auch der Prävention dienen: Schlafstörungen, Stress und Kopfschmerzen sind verbreitete Leiden und mal Folge, mal Ursache von Krankheit und Unfällen. Als nachgelagertes Angebot nimmt ZURZACH Care 2014 durch Akquisitionen die berufliche und soziale Reintegration in ihren Leistungskatalog auf.

Am 4. März 2021 gibt sich ZURZACH Care ihren heutigen Namen – einerseits ein Bekenntnis zu ihrem Ursprungsort, wo seit bald 70 Jahren das Thermalwasser sprudelt, andererseits ein Hinweis auf die Kernaufgabe, Patientinnen und Patienten auf ihrem gesamten Behandlungspfad zu begleiten. So hat sich die etwas abgeschiedene Rehaklinik von 1973 zum Mutterhaus der grössten Rehaanbieterin der Schweiz entwickelt: ZURZACH Care. In Zahlen ausgedrückt: von 130 auf 1200 Mitarbeitende, von 1 auf 7 Kantone, von 1 auf 9 stationäre Rehakliniken, von 0 in 17 ambulanten Zentren, von 0 auf 3 Schlafkliniken und von 0 auf 5 Zentren für berufliche und soziale Reintegration. All das in 50 Jahren.