Serge Altmann

«Wir sind Pioniere, bleiben mit unseren Ideen aber selten allein»

ZURZACH Care ist schweizweit führend im Bereich der Rehabilitation. Aus dieser Position der Stärke will sich das Unternehmen zu einer umfassenden Care Organisation entwickeln. Was das bedeutet und wie Patientinnen und Patienten davon profitieren, erklärt Group CEO Dr. Serge Altmann im Gespräch.

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Sie sind 2019 zum Group CEO von ZURZACH Care ernannt worden. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?
Ich bin ein neugieriger Mensch. Mich reizen Transformationen und neue Wege. ZURZACH Care stand vor vier Jahren vor so einem neuen Weg: die Neupositionierung als umfassende Care Organisation. Ziel war und ist, unseren Patientinnen und Patienten eine Gesundheitsversorgung aus einer Hand zu bieten, von der Prävention über die Behandlung und Rehabilitation bis zur Reintegration. Die Navigation durch das Gesundheitswesen ist für Patientinnen und Patienten oftmals sehr anspruchsvoll. Wir wollen als Begleiter Hand dazu bieten. Ein weiterer Aspekt, der mich an der Arbeit hier gereizt hat: Wir lernen unsere Patientinnen und Patienten hier länger und besser kennen als in einem Akutspital. Denn wir müssen sie körperlich, psychisch und in ihrem sozialen Kontext verstehen. Dabei geht es um existentielle Fragen: Welche Ursachen haben meine chronischen Schmerzen? Wie werde ich weiterleben nach einem Schlaganfall?

«Ich bin ein neugieriger Mensch.»
 

Sie haben an der ETH Zürich in Molekularbiologie und Biophysik promoviert – was haben Sie von der Wissenschaft gelernt?
In der Wissenschaft geht es darum, mittels Experimenten oder Studien eine Hypothese zu verifizieren oder zu falsifizieren. Das ist im Unternehmertum nicht anders, nur dass wir die Hypothese Vision und die Experimente Projekte nennen. Erst unsere Pilotprojekte zeigen, ob eine Vision oder Strategie aufgeht oder nicht oder wo Anpassungen nötig sind. Beispielsweise mussten wir einsehen, dass wir unsere therapeutischen Ambulatorien nicht kostendeckend führen können, weil dort das heutige Tarifsystem versagt. Dafür haben wir das erste Ambulante Zentrum für Schmerz, Schlaf und Psyche in einem vielversprechenden Pilotbetrieb.

Warum sind Kooperationen so wichtig für ZURZACH Care?
Wir decken gewisse Bereiche der Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Reintegration ab, aber längst nicht alles. Es gibt viele Spezialisten, die sehr gute Arbeit leisten, und diese möchten wir in enger Kooperation an uns binden. Zum Beispiel kooperieren wir eng mit den Ärztinnen und Ärzten des Akutspitals Baden zur Betreuung von schwer erkrankten oder verunfallten Patientinnen und Patienten in der Frührehabilitation, oder wir spannen in der Schlafmedizin zusammen mit den Spezialistinnen und Spezialisten der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Kantonsspitals Basel. Ein drittes Beispiel: In der Hirslanden Andreas-Klinik Cham sind wir Partner im Bereich Physiotherapie und betreuen Patientinnen und Patienten bereits im stationären Bereich sowie später in unserem Ambulanten Zentrum Cham.


Gibt es auch Kooperationen im nicht-medizinischen Bereich?
Ein Beispiel: unser Innovationsprojekt reha@home, mit dem wir Patientinnen und Patienten Pflege, Therapie und hauswirtschaftliche Leistungen aus einer Hand zu Hause anbieten. Für dieses Projekt ist nicht nur unsere medizinische Expertise gefragt, sondern auch eine effiziente Logistik. Deshalb haben wir mit knechtcare, einer Tochtergesellschaft der Knecht Holding zusammengespannt. Sie kennen sich in der Logistik sowie im Gesundheitswesen aus.


Partnerschaften haben bei ZURZACH Care Tradition – Beispiel integrierte Rehabilitation …
Richtig, und darauf dürfen wir bei ZURZACH Care stolz sein. Wir sind Pioniere, bleiben mit unseren Ideen aber selten allein. Immer finden wir begeisterte Partnerinnen und Partner. So waren wir 2006 die ersten in der Schweiz, die die Rehabilitation in eine Akutklinik integriert haben. Voraussetzung dafür war, dass die beiden Chefärzte – von ZURZACH Care und vom Kantonsspital Baden – erkannt hatten, wie sinnvoll die Nähe von akuter und rehabilitativer Behandlung für Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen oder Unfällen ist. Der sonst so kritische Übergang zwischen akuter und rehabilitativer Behandlung wird durch die integrierte Reha fliessend, der Behandlungserfolg steigt, die Behandlungsdauer sinkt. Das konnten wir in Studien nachweisen und das hat schliesslich auch die kantonalen Behörden überzeugt, die integrierte Rehabilitation in ihre Leistungskataloge aufzunehmen. Damit war auch die Finanzierung durch die Versicherer garantiert.

«Wir sind Pioniere, bleiben mit unseren Ideen aber selten allein, sondern finden stets begeisterte Partnerinnen und Partner.»
 

Wie implementieren Sie Pioniergeist und Innovationskraft bei ZC?
Das ist eine Frage der Unternehmenskultur. Ein Faktor ist der Umgang untereinander und miteinander. Innovationen entstehen dort, wo flache Hierarchien, Kommunikation auf Augenhöhe und Neugier herrschen. Jede Pionierin muss Risiken eingehen, braucht Mut – und darf auch mal scheitern. Eine positive Fehlerkultur ist wichtig, aber immer nur im unternehmerischen Sinn, nie, wenn es um die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten geht. Zweitens: Es braucht Ressourcen, Freiräume, Zeit, um Neues zu ersinnen. Wir schaffen deshalb Gremien, die permanent an das Gesundheitswesen von morgen denken. Das sind zum Beispiel unsere Stabstelle Innovation und Technologie oder unser strategischer Think Tank oder unsere Forschungsabteilung.


Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei ZURZACH Care?
Die Digitalisierung und andere Zukunftstechnologien spielen eine herausragende Rolle für uns. Dabei sind die Datenerfassung und -verarbeitung schon längst digitalisiert. Ein weiteres Beispiel sind technologie- und robotergestützte Therapien, die raschere Therapieerfolge ermöglichen und Therapiefortschritte besser quantifizierbar machen. Oder Technologien wie Virtual Reality und das Internet der Dinge, die eine ortsunabhängige, remote Betreuung der Patientinnen und Patienten in ihren eigenen vier Wänden ermöglichen. Das alles reduziert auch unseren Personalaufwand und schafft Effizienz. Das ist wichtig, denn Kosten bleiben auch in Zukunft ein Megathema in der Gesundheitsbranche. Wir investieren also viel in neue Technologien und sind z. B. seit 2022 klinischer Partner des europaweiten Forschungsprojekts für Tele-Rehabilitation «RecoveryFun».


Wie steht ZURZACH Care heute wirtschaftlich da?
Wir sind ein grundsolides, gut finanziertes Unternehmen und Marktführerin im Bereich der Rehabilitation. Unsere gemeinnützige Trägerschaft, die Stiftung Gesundheitsförderung Bad Zurzach + Baden, garantiert, dass sämtliche Gewinne in unserem Unternehmen bleiben. Das ist die Grundlage dafür, dass wir so viel in unsere Zukunft und vor allem in diejenige unserer Patientinnen und Patienten investieren können.

Wo steht ZURZACH Care in zehn Jahren?
Wir wollen durch Kooperationen unser Netzwerk und Leistungsspektrum weiter ausbauen. In zehn Jahren wollen wir die führende Gesundheitsplattform sein für Patientinnen und Patienten, die gesund bleiben und gesund werden wollen und die einen Partner suchen, der Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Reintegration aus einer Hand anbietet.

«Um Herausragendes zu leisten, braucht es herausragende Mitarbeitende. Die haben wir.»
 

Gesamtes Interview mit Dr. Serge Altmann


Dr. Serge Altmann promovierte an der ETH Zürich in Molekularbiologie und Biophysik und erlangte zusätzlich einen Master in Health Administration an der Universität Bern. Von 2006 bis 2019 führte er als Spitaldirektor die Universitätsklinik Balgrist, bevor er die neu geschaffene Stelle des Group CEOs von ZURZACH Care übernahm. Sein Fokus gilt der Transformation von ZURZACH Care vom Branchenleader der Rehabilitation zu einer umfassenden Care Organisation. Serge Altmann ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter.

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